Warum Mädchen MINT nicht mögen

OECD Bildungsbericht gibt Eltern Teilschuld

Die erste OECD-Bildungsstudie mit Bezug auf die Geschlechter wurde veröffentlicht und zeigt auf, warum sich wenige Mädchen für MINT-Fächer interessieren. Der Bericht „The ABC of Gender Equality in Education: Aptitude, Behaviour and Confidence“ legt Nahe, dass die Selbstwahrnehmung in Bezug auf diese Fächer bei Mädchen negativer ist als bei Jungen, obwohl beide vergleichbare Leistungen erbringen. Außerdem zeigt der Bericht, dass in nahezu allen OECD-Ländern Mädchen deutlich bessere Noten bekommen als Jungen. Und das hat nicht immer etwas mit ihrer Leistung zu tun.

 

Mädchen haben mehr MINT-Talent...

 
Im Durchschnitt kann sich in den OECD-Ländern nur eines von 20 Mädchen im Alter von 15 Jahren vorstellen, später im MINT-Bereich beruflich tätig zu sein. Bei den Jungen sind es im gleichen Alter vier von 20 Befragten. Und das, obwohl der Leistungsunterschied zwischen den Geschlechtern in diesem Bereich nicht signifikant ist. Der Bericht zeigt, dass diese Einstellung viel mehr mit der Gesellschaft zu tun hat, als mit dem Talent der Schülerinnen und Schüler selbst.
 

...als ihre eigenen Eltern glauben!

 
Denn die Erwartungshaltung der Schülerinnen hat eher wenig mit eigenen Erfahrungen im Fach Mathematik zu tun. Viel mehr ist sie ein Produkt des Umfeldes der Kinder. So sind die Eltern der Kinder scheinbar ein großer Einflussfaktor dafür, ob das Interesse für Mathe und Naturwissenschaften stark ausgeprägt ist oder nicht. In Deutschland können sich etwa 40 Prozent der Eltern vorstellen, dass ihr Sohn später einen MINT-Beruf ergreifen wird. Für ihre Töchter, die in diesem Feld ähnliche Leistungen erbringen, sehen sie diese Zukunft aber nur in 15 Prozent der Fälle. In asiatischen Ländern, wo viele Frauen in naturwissenschaftlichen und technischen Jobs tätig sind, ist dieser Unterschied viel geringer. In Korea liegt er zum Beispiel nur bei sieben Prozent.
 

Wenig Disziplin - Schlechte Noten

 
Interessant ist auch zu sehen, wie die Notenvergabe mit der tatsächlichen Leistung korreliert. Die PISA Studie hat immer wieder gezeigt, dass es fast in jedem Land mehr Jungen als Mädchen gibt, die in den drei Hauptbereichen (Mathe, Lesen, Wissenschaft) unterdurchschnittliche Leistungen erbringen. Aber selbst wenn man diese Leistungsunterschiede aus den Ergebnissen herausrechnet, bekommen Mädchen im Schnitt immer noch deutlich bessere Noten als ihre männlichen Mitschüler. Der Grund: Lehrer belohnen gerne die mit guten Noten, die sich gut anpassen, still sitzen, Regeln beachten, Organisationstalent haben und diszipliniert sind. Gerade Jungen und männliche Jugendliche haben aber oft mit diesen Dingen mehr Probleme, als ihre weiblichen Altersgenossen. So bekommen sie schlechtere Noten und müssen häufiger ein Jahr wiederholen als Mädchen, auch wenn das ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit gar nicht unbedingt entspricht.
 
Fazit: Die gesamte Gesellschaft, insbesondere Lehrer und Eltern, sollten Schülerinnen dazu ermutigen, ihre Zukunft im MINT-Bereich zu suchen und sie fördern. Denn das alte Märchen, dass Jungen grundsätzlich besser in Mathe sind, ist eben genau das. Auf der anderen Seite müssen Lehrer sensibilisiert werden, das Verhalten von männlichen Schülern differenziert zu sehen um ihre tatsächlichen Leistungen zu bewerten. Denn wenn sie nicht still sitzen bleiben können oder sich leicht ablenken lassen, ist das nicht immer ein vorsätzlicher und zu sanktionierender Versuch, den Unterricht zu sabotieren. Den gesamten Bericht findest Du unter diesem Link. Wenn Du keine Zeit für die vollen 182 Seiten hast, findest Du hier ein Executive summary.
 


Tags: MINT, Mathematik, Naturwissenschaften, Technik, Lehrer, Eltern, OECD, Pisa-Studie, Bildungsreport, Gender Equality, Mädchen, Erwartungshaltung, Leistung
Quelle: http://www.oecd.org/
Autor: Dennis Prumbaum

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