Dual an der Spitze
Die Besten sind dual!
Es ist eine Tatsache die man nicht unbedingt erwarten würde, aber die Universität Tübingen hat es belegt. In einer Untersuchung fand die Hochschule heraus, dass überdurchschnittlich viele leistungsstarke Abiturienten sich für ein duales Studium entscheiden- und zwar außerhalb der klassischen Universität. Wie Wissenschaftler um den Bildungsforscher Ulrich Trautwein ermittelten, haben die Studenten an Baden-Württembergs Universitäten im Mittel einen schlechteren Abiturschnitt als ihre Kommilitonen an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW).
»Die Unterschiede sind zwar nicht groß genug, um statistisch bedeutsam zu sein«, sagt Trautwein. »Doch falls die Universitäten davon ausgehen, dass sie automatisch die besten Studenten bekommen, haben sie ein Problem, denn das ist nicht der Fall.« In weiteren Tests, in den Bereichen Mathematik und Englisch, schneiden die Studenten der ehemaligen Berufsakademien auf Augenhöhe mit der „Konkurrenz“ von der Universität ab und lagen deutlich vor den Fachhochschulstudenten. Erst vor zwei Jahren sind die Berufsakademien in Baden-Württemberg in den Hochschulrang erhoben worden - ein deutschlandweit einzigartiger Vorgang und durchaus zum Unwillen einiger Uni-Rektoren, die eine Aufweichung akademischer Standards befürchteten.
Die Studie jetzt belegt das genaue Gegenteil: »Die noch in den neunziger Jahren formulierte Vorstellung, die Masse der Studierenden solle an den Fachhochschulen und Berufsakademien ausgebildet werden und die Klasse an den Universitäten, ist in der Realität von heute nicht wiederzufinden«, sagt Jochen Kramer, einer der Autoren.
Dieses Ergebnis sei umso eindrucksvoller, weil die Studenten dualer Studiengänge deutlich häufiger aus bildungsfernen Elternhäusern stammten als an Universitätsstudenten, ergänzt Ulrich Trautwein. Der von den Tübingern durchgeführte Vergleich beschränkt sich allerdings auf Studienfächer im Bereich von Technik und Wirtschaft, da nur diese von allen Hochschularten in Baden-Württemberg gleichermaßen angeboten werden. Eine Aussage für die gesamte Hochschullandschaft lasse sich daher nicht treffen, betonen die Forscher. Insgesamt haben sie Antworten von 1230 jungen Menschen ausgewertet, die Daten stammen aus einer seit Jahren laufenden Längsschnittuntersuchung baden-württembergischer Schulabgänger namens Tosca.
Ebenfalls überraschend: Zwar sind DHBW-Studenten deutlich stärker praxisorientiert als ihre Kollegen an den Unis, stehen ihnen aber in Sachen Forschungsinteresse kaum nach. Auch hier scheinen die althergebrachten Klischees nicht zu stimmen. Die Spitze der Dualen Hochschule frohlockt angesichts solcher Nachrichten: Der hohe Anteil leistungsfähiger Studenten sei »nicht zuletzt den differenzierten Auswahlverfahren zu verdanken«, sagt DHBW-Präsident Reinhold Geilsdörfer und verweist auch auf die im bundesweiten Vergleich herausragend niedrige Abbrecherquote im dualen Studium von unter zehn Prozent. Die derzeit 26 000 Studenten der Dualen Hochschule wurden von den etwa 9000 Unternehmen und Sozialeinrichtungen ausgewählt, die sie zum Studium an die DHBW entsenden.
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Autor: Jan-Martin Wiarda / Steffen Böttger
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